[ Pobierz całość w formacie PDF ]
Texte schreiben. Um es kurz zu machen: Ich habe Zettel verteilt, auf
denen stand, dass ich Haustiere töte, statt hüte. Jemand rief die
Polizei, der Beamte fragte nach Drogen und verstand meinen Witz
über Opium nicht, dann hielt er mich für paranoid, weil ich mich in
einer Folge von Versteckte Kamera wähnte.«
Meine Mutter prustete in ihre Kaffeetasse.
»Das ist nicht komisch. Die denken alle, ich sei verrückt.«
»Das klingt auch ein bisschen verrückt. Wieso hast du denn Opium
erwähnt, als du nach Drogen gefragt wurdest. Das ist doch, wie Öl
ins Feuer zu schütten.«
»Ach. Und du fandest es eine gute Idee einem Arzt zu erzählen, du
würdest Stimmen aus dem Radio hören?«
»Jeder hört Stimmen aus dem Radio. Das ist doch der Sinn an
diesen Geräten. Kann doch nicht wissen, dass der Typ keinen
Funken Humor im Leib trägt.«
Ich rollte mit den Augen. »Einer von uns muss jedenfalls hier raus.
Sonst ist Nele ganz alleine zu Hause.«
»Das arme Mädchen«, seufzte meine Mutter. »Sie braucht feste Re-
geln. Ich nehme an, sie ist heute zur Schule gegangen? Die wenden
sich sonst ans Jugendamt, wenn sie öfter fehlt.«
86/130
»Sie hat erst zur dritten Stunde«, fiel mir wieder ein. »Ich rufe sie
am besten gleich an.«
Ich fischte mein Handy aus der Innentasche meiner Jacke und
wählte Neles Nummer.
»Darf man hier überhaupt sein Handy benutzen?«, flüsterte ich
meiner Mutter zu.
»Ja, natürlich. Das ist hier kein Gefängnis.«
Nach dem dritten Freizeichen hob Nele ab. Sie klang äußerst ver-
schlafen. Sorgfältig darauf bedacht keine schlimmen Flüche oder
Schimpfwörter zu verwenden, erzählte ich ihr die Kurzversion der
Geschichte. Dabei ließ ich die Tatsache aus, dass meine Mutter
ebenfalls in der Klapse war.
Nele klang ehrlich schockiert. Ich schaffte es sie etwas zu beruhi-
gen, rang ihr das Versprechen ab, zur Schule zu gehen, und ver-
sprach so schnell wie möglich nach Hause zu kommen.
Dann hieß es warten, bis der Oberarzt auf mich zukam. Ich trank
drei Tassen Kaffee, die mehr nach Wasser als nach Kaffeebohnen
schmeckten, und spielte mit meiner Mutter und zwei weiteren Pa-
tienten ein Kartenspiel.
Um zwanzig vor zehn kam ein Pfleger auf mich zu und bat mich ins
Arztzimmer.
Unauffällig versuchte ich, meine schwitzigen Hände an den Außen-
seiten meiner Jeanshosen abzuwischen.
Im Arztzimmer erwartete mich Herr Dr. Obstmann und ein älterer
Arzt mit grauem Schnurrbart, der mir zwar die Hand zur
Begrüßung reichte, sich aber nicht namentlich vorstellte.
»Guten Morgen, Frau Reuter«, begann er und sah mich durch seine
runden Brillengläser so durchdringend an, als betrachtete er ein
Röntgenbild.
»Ich stelle weder eine Gefahr für andere noch für mich dar und
deswegen haben Sie keinen Grund mich gegen meinen Willen hier
zu behalten.«
87/130
Der Oberarzt blickte zu Obstmann, der daraufhin etwas auf seinem
Klemmbrett notierte.
»Herr Dr. Obstmann war etwas in Sorge, dass wir Sie vielleicht in
einem labilen Zustand nach Hause schicken würden.«
»Ich bin nicht labil. Es war ein Missverständnis. Wenn nun schon
die Unfähigkeit technische Geräte richtig zu bedienen, zu einer un-
freiwilligen Einweisung in die Klaps- Psychiatrie führt, dann haben
Sie in Zukunft vermutlich so viel zu tun, dass eine Menge Arbeits-
plätze geschaffen werden.«
Dr. Obstmann blickte starr auf sein Klemmbrett. Der Oberarzt
grinste affektiert.
»Nun, Sie müssen verstehen, dass-«
»Nein«, sagte ich brüsk. »Sie müssen verstehen, dass ich meine An-
wältin einschalte, mich an die Presse wende und die Hölle los
brechen wird, wenn ich wegen eines Tippfehlers gegen meinen Wil-
len hier behalten werde.«
»Es geht hier doch nicht nur um einen Tippfehler, Frau Reuter.«
»Ach nein?«
»Sie wirkten auf die Beamten verwirrt und orientierungslos, dazu
kamen psychotische Anzeichen und die konfusen Aussagen zur
Drogeneinnahme.«
»Ich war weder verwirrt noch orientierungslos. Ich weiß zwar nicht,
wie oft ich das noch erzählen soll, aber ich war lediglich müde und
habe makabere Handzettel verteilt, weil Autokorrekt das Wort
»hüte« in »töte« umgewandelt hat.«
Der Oberarzt hob eine Braue und wandte sich an Dr. Obstmann.
»Welche Rolle spielen die Hüte?«
Bevor der Arzt auch nur den Mund öffnen konnte, platzte mir der
Kragen. Frustriert sprang ich von meinem Stuhl auf.
»Wenn Sie mich hierbehalten wollen, geht das nur mit einem
richterlichen Beschluss. Ich würde also gerne gehen. Denn ich
88/130
glaube kaum, dass sie einen Richter davon überzeugen könnten,
dass ich eine Gefahr für mich oder andere darstelle, weil ich dank
Autokorrektur Flyer verteilt habe, beschriftet mit den Worten »Ich
töte ihre Haustiere« statt »Ich hüte ihre Haustiere. Spätestens jetzt
wird Ihnen auch die Doppeldeutigkeit des Wortes aufgefallen sein,
sodass sie begreifen, dass es sich bei dem Wort "hüte" keinesfalls
um eine Kopfbedeckung handelt!«
Die Augen des Oberarztes weiteten sich, während Dr. Obstmanns
Blick auf dem Klemmbrett haftete.
Es war halb zwölf, als ich aus dem Klinikgebäude in die Freiheit
trat, mit knurrendem Magen, aber mit einem kleinen
Triumphgefühl.
Ich schlenderte zur Bushaltestelle. Die Psychiatrie befand sich gute
20 km von Wedel entfernt. Ich musste also mit dem Bus zum
Bahnhof fahren und dort in die S-Bahn steigen. Dabei fragte ich
mich, ob mein Auto inzwischen wohl abgeschleppt worden war. Bei
meinem Glück hatte ich im Halteverbot oder auf einem Behinder-
tenparkplatz geparkt.
Sorgsam las ich den Busfahrplan. Der nächste Bus sollte in 25
Minuten kommen. Ich wäre zu Fuß vermutlich schneller am
Bahnhof gewesen, aber da ich den Weg nicht kannte, war das keine
Option. Orientierungslos in der Gegend herum laufen, konnte einen
schneller in die Klapse bringen, als einem lieb war. Dies wusste ich
nun.
Von nun an musste ich mich unauffällig benehmen.
Ich bemerkte die Person, welche die Stufen vom Besucherparkplatz
hochgekommen war, nur aus den Augenwinkeln. Zu sehr war ich
damit beschäftigt, meinen knurrenden Magen mit Nichtachtung zu
bestrafen. Relativ erfolglos.
»Frau Reuter?«
89/130
Ich zuckte zusammen und blickte in leuchtend blaue Augen.
»Herr Kolores!« Unsicher trat ich einen Schritt zurück. Hatte ich
Halluzinationen und war womöglich doch übergeschnappt?
»Was machen Sie hier?«, fragte ich, als er mich sorgsam musterte.
In seinem blauen Hemd, das dieselbe Farbe wie seine Augen hatte,
sah er einfach zum Anbeißen aus. Die leicht zerzausten Haare
ließen ihn sportlich und lässig wirken und gar nicht mehr wie der
verkrampfte Lehrer vom Schulausflug.
»Nele hat sich mir anvertraut. Sie hatte ein furchtbar schlechtes
Gewissen.«
»Oh«, brachte ich nur hervor.
»Sind Sie...dürfen Sie...raus?«
»Ich bin entlassen worden«, sagte ich mit einem Lächeln und
wedelte mit dem Entlassungsbrief vor seiner Nase herum. »Nele
hat Ihnen doch erzählt, dass es ein blöder Tippfehler war, der zu
diesem Chaos geführt hat?«
Er nickte. »Seltsam ist es aber schon, dass man wegen so etwas
gleich weggesperrt wird«, sagte er kopfschüttelnd. »Meine Tante
Paula sollte von ihrem Hausarzt eingewiesen werden, weil sie mit
ihrem Papagei gesprochen hat.«
»Aber das tun doch viele Menschen.«
Er lächelte verlegen. »Ja, aber die haben auch einen echten
Papagei.«
»Oh...achso...«
»Aber es hat sie glücklich gemacht, mit diesem Stoffding zu reden.
Und sie hat ja niemandem geschadet.«
Ich nickte nur und war kurz davor ihm von meiner Mutter zu erzäh-
[ Pobierz całość w formacie PDF ]